Handlungsempfehlungen für „Urbane Seilbahnen als Bestandteil des ÖPNV“

Am 21. Juni 2022 legt der Verkehrsverband Westfalen e.V. Handlungsempfehlungen für „Urbane Seilbahnen als Bestandteil des ÖPNV“ auf der Messe „Cable Car World 2022 – home of new urban mobility“ in Essen vor und übergibt seine regionale Perspektive dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).

Das BMDV nimmt die Broschüre in Person von Ministerialdirigent Johannes Wieczorek entgegen, der vor allem die regionalen Ergebnisse als wertvolle Ergänzung des eigenen Leitfadens sieht, der gerade erarbeitet wird. Die Empfehlungen des Verkehrsverbandes Westfalen bekräftigen die Zwischenergebnisse des Bundesleitfadens, die am heutigen Tag vorgestellt wurden.  

Zur Motivation des Verkehrsverbandes Westfalen erläutert der Vorsitzende, Marc Simon: „Im hoch verdichteten westfälischen Ruhrgebiet sind neue Stadtbahntrassen und U-Bahntunnel bisher Generationenprojekte. Dabei braucht der ÖPNV zügig mehr Kapazitäten. Wir möchten die Seilbahn als eine Option vorstellen, die den ÖPNV sinnvoll ergänzen kann. Es steht eine erprobte Technologie zur Verfügung, die schnell und kostengünstig gebaut werden kann. Unsere Arbeit soll diejenigen unterstützen, die innovative Mobilität zum Einsatz bringen möchten – gerne natürlich im Bezirk des Verkehrsverbandes Westfalen.“

Als besondere Vorteile urbaner Seilbahnen sieht der Verkehrsverband Westfalen vor allem die Realisierungsgeschwindigkeit und die Kosten. „Der Bau ist quasi ein minimalinvasiver Eingriff in den Straßenraum. Es dauert mindestens vier Mal so lange und ist vier Mal so teuer, eine Stadtbahn zu bauen. Eine Buslinie einzurichten, ist zwar preiswerter, aber bei den Betriebskosten kann die Seilbahn den Bus meist schlagen. Als Nachteil der Seilbahn wird häufig die geringe Reisegeschwindigkeit von nur rund 25km/h genannt. Doch man muss bedenken, dass ein Pkw im städtischen Raum häufig nicht schneller unterwegs ist und die Seilbahn störungsfrei in direkter Linie in einem exklusiven Korridor verkehrt, der den Straßenraum entlastet“, ordnet der Geschäftsführer des Verkehrsverbandes Westfalen e.V. Stefan Peltzer die Ergebnisse ein.

Als größtes Problem stellt die Untersuchung fehlende Pilotanwendungen in Deutschland fest, die sich aufgrund struktureller Herausforderungen im Verbandsbezirk anbieten würden. In den letzten hundert Jahren ist die Besiedlung um die Werksflächen der Kohle- und Stahlindustrie im westfälischen Ruhrgebiet und auch in Südwestfalen herum gewachsen, ohne diese für den öffentlichen Verkehr zu erschließen. Viele dieser verkehrlichen Inseln werden aktuell für eine Folgenutzung vorbereitet.

In Herne ist die Zeche Blumenthal ein solches Beispiel, wo eine Seilbahn den bestehenden ÖPNV sinnvoll ergänzen könnte. Allerdings sind auch bisherige Projektideen in Deutschland nicht an der Eignung der Technologie, sondern überwiegend an den Erwartungen und den Bedenken der Bevölkerung gescheitert. „Der Verkehrsverband Westfalen zeigt als unabhängige, wissenschaftliche Einrichtung auch die Grenzen einer Seilbahnnutzung auf. Das Hilft uns, das nötige Vertrauen und eine transparente Kommunikation aufzubauen.“ skizziert Dr. Frank Dudda, Oberbürgermeister der Stadt Herne die Sicht einer Kommune.

Es erweist sich bei bisherigen Machbarkeitsstudien als Stolperstein, dass einheitliche Bewertungsmaßstäbe fehlen, um die Spezifika einer Seilbahn sachgerecht mit anderen Verkehrsmitteln vergleichen zu können. In NRW seien die gesetzlichen Grundlagen v.a. durch das Seilbahngesetz grundsätzlich vorhanden, aber es würden die Umsetzungserfahrungen beispielsweise bei Fragen des Überfluges über private Grundstücke fehlen. Hier sieht Dominik Berndt, der sowohl den Verkehrsverband Westfalen als auch die Cable Car World unterstützt hat, die Vorteile des Kongresses. Die Vernetzung der Akteure helfe den Projektideen, den Ansprüchen an Realisierungsgeschwindigkeit und Qualität gleichermaßen gerecht werden zu können.

Die Handlungsempfehlungen des Verkehrsverbandes Westfalen e.V. steht kostenlos unter hier zur Verfügung: https://www.verkehrsverband-westfalen.de/images/publikationen/Neue%20Wege%20gestalten%20-%20Urbane%20Seilbahnen%20als%20Bestandteil%20des%20%C3%96PNV%20%282%29.pdf?_t=1656658096